Ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung gehört zur Gruppe der sog. Freiberufler und übt einen sog. Freien Beruf aus. Wie definiert man den „Freien Beruf“, was macht das Wesen des Freien Berufs aus und welche Berufsgruppen dürfen sich zu Angehörigen des Freien Berufs zählen?
I. Definition
Auf der Suche nach einer Definition des „Freien Berufs“ muss man feststellen, dass sich der Begriff des Freien Berufs zwar schon seit dem Mittelalter („artes liberales“) in der Berufsterminologie finden lässt, jedoch eine allgemein anerkannte Definition bisher noch nicht gelungen ist.
Zwar findet sich der Begriff des Freien Berufs in vielen Gesetzen, wie z.B. in §§ 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG, 1 Abs. 2 PartGG, allerdings sucht man vergeblich nach einer vom deutschen oder europäischen Gesetzgeber stammenden Legaldefinition. Auch werden hinsichtlich der Merkmale des Freien Berufs verschiedene Ansätze vertreten. Bedeutsam ist dabei u.a. das besondere Vertrauensverhältnis zwischen dem Angehörigen eines Freien Berufs und der Person, die seine Dienste in Anspruch nimmt.
Der Bundesverband der Freien Berufe definiert Angehörige des Freien Berufs als Personen, die aufgrund besonderer beruflicher Qualifikation persönlich, eigenverantwortlich und fachlich unabhängig geistig-ideelle Leistungen im Interesse ihrer Auftraggeber und der Allgemeinheit erbringen.
II. Wer übt einen Freien Beruf aus?
Gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG gilt:
„Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe.“
Danach trifft das Gesetz eine Unterscheidung zwischen den sog. Katalogberufen und den „ähnlichen Berufen“.
Schwierigkeiten als Freiberufler anerkannt zu werden, haben teilweise Angehörige solcher Berufe, die nicht zu den sog. Katalogberufen nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG zählen. Dabei kann es dort zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommen, wo die Unterscheidung zwischen gewerblicher Tätigkeit und Freiberuflichkeit nicht einfach ist. Deshalb muss ein Freiberufler die Voraussetzungen erfüllen, die das Wesen des Freien Berufes mit sich bringt.
III. Was macht den FREIEN Beruf aus?
Folgende Eigenschaften machen zusammenfassend das Wesen des Freien Berufes aus:
1. Die besondere berufliche Qualifikation:
Angehörige Freier Berufe erbringen Dienstleistungen höherer Art, welche eine hohe Sachkunde (Kompetenz) voraussetzen, die durch entsprechende Qualifikationen nachgewiesen sein muss.
Freiberufler üben kein Gewerbe aus. Demgemäß unterliegt die freiberufliche Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 GewStG (Gewerbesteuergesetz) i.V.m. § 18 EStG (Einkommensteuergesetz) nicht der Gewerbesteuer.
2. Das Vertrauensverhältnis:
Der Freiberufler steht in einem besonderen Vertrauensverhältnis mit seinem Auftraggeber (Mandanten, Klienten, Patienten etc.). Daraus ergibt sich eine besondere Sorgfaltspflicht und eine Verschwiegenheitspflicht gegenüber Dritten.
3. Das Interesse der Allgemeinheit:
Leistungen, die von Angehörigen freier Berufe erbracht werden, beziehen sich auf existenziell notwendige Bedürfnisse der Bürger. Insoweit liegen sie immer auch im Interesse der Allgemeinheit.
4. Die individuelle Leistung:
Zugleich werden diese Leistungen im Interesse des Auftraggebers erbracht. Freie Berufe erbringen ihre höchstpersönlichen Leistungen, welche individuell auf den Auftraggeber (Mandanten, Klienten, Patienten etc.) zugeschnitten und nicht standardisierbar sind.
5. Die fachliche Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit:
Freiberufliche Tätigkeit muss in fachlicher Unabhängigkeit erfolgen. Dies bedeutet Freiheit von Weisungen und Zwängen, unabhängig davon, ob der Freiberufler selbständig oder angestellt ist. Der freie Beruf weist somit ein hohes Maß an eigener Verantwortlichkeit bei der Berufsausübung auf, verbunden mit einem selbst zu tragenden wirtschaftlichen Risiko, welches ggf. (teilweise) versicherbar ist.
6. Die ethische Ausrichtung:
Freie Berufe befassen sich mit elementaren Rechtsgütern und haben deshalb eine besondere ethische Verpflichtung.
7. Das Berufsrecht:
Zur Absicherung ihrer Unabhängigkeit und ihres hohen Leistungsniveaus benötigen die Angehörigen der Freien Berufe ein Berufsrecht sowie Berufsvertretungen. So finden sich berufsrechtliche Vorschriften u.a. für Ärzte in der Bundesärzteordnung, für Steuerberater im Steuerberatungsgesetz, für Wirtschaftsprüfer in der Wirtschaftsprüferordnung, für Rechtsanwälte in der Bundesrechtsanwaltsordnung usw.
IV. Fazit
Der Freie Beruf ist als Freier Beruf freier als andere Berufe, dennoch ist eine gewisse Reglementierung notwendig, auch um die Freiheit des Freiberuflers aufrechterhalten zu können.
Hinweis: Dieser Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und stellt keine Beratung dar. Eine rechtsanwaltliche Beratung erfolgt ausschließlich im Einzelfall durch Prüfung des konkreten Sachverhaltes unter allen rechtlichen Gesichtspunkten.
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