In einem kürzlich ergangenen Beschluss des Kammergerichts (KG) Berlin (Beschluss vom 06.03.2025 – 2 UH 2/25) wurde eine wichtige Frage zur örtlichen Zuständigkeit von Gerichten im Zusammenhang mit Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen geklärt. Der Fall ist von besonderer Relevanz für Gläubiger, die gegen eine GmbH oder UG (haftungsbeschränkt) vorgehen möchten und sich mit der Frage der richtigen Zuständigkeit auseinandersetzen, falls der satzungsmäßige Sitz und der Verwaltungssitz nicht deckungsgleich sind. Hier ein Überblick über den Beschluss und was dieser für Sie als Gläubiger und Antragsteller in ähnlichen Fällen bedeutet.
Was war der Streitpunkt?
Im vorliegenden Fall hatte der Gläubiger beim Amtsgericht Wedding in Berlin den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegen eine GmbH (im Handelsregister beim Amtsgericht Charlottenburg eingetragen) beantragt. Die Schuldnerin (eine GmbH in Form einer UG (haftungsbeschränkt)) hatte ihren Sitz in Berlin, jedoch war ihre Geschäftsanschrift (und damit der maßgebliche Verwaltungssitz) in Hamburg angegeben, was zu Unklarheiten über die örtliche Zuständigkeit führte.
Das Amtsgericht Wedding erklärte sich zunächst für unzuständig und verwies die Sache an das Amtsgericht Hamburg, da der Verwaltungssitz der Schuldnerin in Hamburg war. Doch auch das Amtsgericht Hamburg erklärte sich ebenfalls für unzuständig und verwies den Fall an das Kammergericht Berlin zur Klärung.
Wie entschied das Kammergericht?
Das Kammergericht entschied, dass das Amtsgericht Wedding tatsächlich für den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (PfÜB) zuständig ist. Es stützte sich dabei auf Folgendes:
1. Örtliche Zuständigkeit und allgemeiner Gerichtsstand bei juristischen Personen: Gemäß § 17 Abs. 1 ZPO bestimmt sich der allgemeine Gerichtsstand einer juristischen Person wie einer GmbH nach ihrem “Sitz”. Hier wurde der statutarische Sitz der Schuldnerin als „Berlin“ im Handelsregister eingetragen. Da sich der Verwaltungssitz der GmbH in Hamburg befindet, konnte der konkrete Gerichtsstand innerhalb Berlins jedoch nicht eindeutig bestimmt werden, was zu der Frage führte, welches Berliner Amtsgericht zuständig ist.
2. Wahlrecht des Antragstellers: Der Gläubiger hat ein Wahlrecht gemäß § 35 ZPO, wenn der satzungsmäßige Sitz und der Verwaltungssitz einer GmbH oder UG (haftungsbeschränkt) nicht in derselben Gemeinde liegen. In diesem Fall konnte der Gläubiger unter den Amtsgerichten in Berlin wählen und hatte sich für das Amtsgericht Wedding entschieden.
3. Überarbeitung der bisherigen Rechtsprechung: Das Kammergericht gab an, dass es seine frühere Auffassung aufgab, nach der der Verwaltungssitz der GmbH für die Bestimmung des Gerichtsstandes maßgeblich war, wenn der statutarische Sitz und der Verwaltungssitz nicht in der gleichen politischen Gemeinde liegen. Stattdessen folgt das Kammergericht nun der Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, nach der ein Wahlrecht des Gläubigers für alle Amtsgerichte innerhalb der politischen Gemeinde besteht, in der der statutarische Sitz der Gesellschaft eingetragen ist.
Was bedeutet der Beschluss für Sie als Antragsteller für den Erlass eines PfÜB?
Dieser Beschluss zeigt, dass die Bestimmung des zuständigen Gerichts bei Vollstreckungsmaßnahmen wie einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss komplex sein kann, insbesondere wenn der Sitz einer GmbH oder UG (haftungsbeschränkt) und der Verwaltungssitz an unterschiedlichen Orten liegen. Für Gläubiger bedeutet dies, dass sie in bestimmten Fällen ein Wahlrecht für das zuständige Amtsgericht innerhalb der politischen Gemeinde haben, in der der statutarische Sitz der Gesellschaft eingetragen ist, und somit flexibler in der Wahl des anzurufenden Gerichtes sind.
Zusammenfassung
Der Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 6. März 2025 zeigt, dass das Wahlrecht des Gläubigers im Fall eines unklaren Gerichtsstandes eine wichtige Rolle spielt. Das Kammergericht Berlin stellt klar, dass bei einer GmbH oder UG (haftungsbeschränkt) mit einem statutarischen Sitz und einem Verwaltungssitz in unterschiedlichen Gemeinden das Wahlrecht des Antragstellers gilt. Dies bedeutet für Gläubiger, dass sie nicht auf ein Gericht beschränkt sind, sondern innerhalb der politischen Gemeinde, in der der statutarische Sitz der Gesellschaft liegt, ein Amtsgericht ihrer Wahl anrufen können.
Wenn Sie Fragen zur Durchsetzung Ihrer Forderungen oder zur Auswahl des richtigen Gerichts haben, wenden Sie sich an die Anwaltskanzlei BALIN LEGAL in Hamburg.
Hinweis: Dieser Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und stellt keine Beratung dar. Eine Beratung erfolgt ausschließlich im Einzelfall durch Prüfung des konkreten Sachverhaltes aus rechtlicher Perspektive.
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